Die letzten Wochen betreue ich eine Klientin, die ein typisches Problem hat – sie verdient das gleiche wie ihre männlichen Kollegen, bekommt aber weniger überwiesen. Ich möchte nicht semantisch sein. Aber wir tendieren vereinzelt dazu Wörter nicht sauber zu verwenden.

„Was verdienen Sie?“, zielt auf eine andere Antwort ab, als „was bekommen Sie“?

Um hier einmal entgegenzuwirken: Oft begegnen Frauen dem Argument, dass die Zahlen die veröffentlicht werden, Gründe liefern, warum Frauen weniger Rente oder Gehalt bekommen. Hier zielt die Erfassung der Daten oft auf die Lebensspanne ab. Nehmen wir die Fakten und eine der üblichen Erklärungen: Nachgewiesen bekommen Frauen 26 Prozent weniger Rente als Männer (Studie der Universität Mannheim und der niederländischen Tilburg University), wie die Süddeutsche Zeitung zitiert.

Prof. Alexandra Niessen-Ruenzi, Professorin an der Universität Mannheim, sagt hierzu: „Im Schnitt hätte eine Frau, die mit 67 in den Ruhestand geht, nach heutiger Berechnung im Monat 140 Euro weniger gesetzliche Rente als ein Mann“ Auf 15 Jahre Rente entspricht dieser Betrag etwa 25.000 Euro.

Das lässt sich anhand der Daten natürlich auch damit erklären, dass Frauen traditionell mit etwa 35 im Job durch die Familiengründung pausieren, da die Schere erst mit 35 Jahren auseinander geht.

Das ist Aufgabe der Verbände, der Politik und der Gesellschaft hier eine faire Lösung zu finden, damit Frauen durch die Familienplanung, die unsere Gesellschaft unterstützt / untermauert, nicht benachteiligt werden, weil wir Männer immer noch traditionell, weniger für die Familie zuhause bleiben, und dort somit weniger leisten, aber dadurch mehr auf dem Konto haben.

Fakt ist aber auch, dass Frauen tendenziell weniger bekommen als Männer.

Warum ist dieses so?

Veröffentlichungen zeigen, dass sowohl Männer als auch Frauen gerne bzgl. ihrer beruflichen Kompetenzen zur Selbstkritik neigen. Wobei Frauen dieses eher stärker tun. Frauen sind kritisch ggü. Ihrer Kompetenz, Ihrem Verhandlungsgeschick oder Ihrer Gesprächsführung. Männer überschätzen sich allerdings gerne in den Bereichen Kommunikation und Einfühlungsvermögen. Und hier liegt der erste Hauptpunkt. Gerade in diesen Bereichen, reden oft das gleiche Geschlecht über ihre eigene Entwicklung und kommen dann zum Entschluss, dass dieses höher gratifiziert werden muss. Diese verstärkt sich noch im Delta zwischen Fremd- und Selbsteinschätzung, die bei Frauen eher im positiven variiert und bei Männern in die andere Richtung ausschlägt.

Durch die (ausgeprägtere, unbegründete) Selbstkritik steht eine Frau sich somit eher selbst im Weg.

Prof. Dr. Kurt Jeschke, Prorektor der IUBH Corporate Programmes sagt hierzu: “ sie [die Frau] ihre Kompetenzen selbst eher niedrig einstufen, halten sie sich bei Gehaltsverhandlungen oder bei der Bewerbung um Führungspositionen stärker zurück als ihre männlichen Kollegen.“

Wie kommen Sie da nun raus?

Sich selber besser kennenlernen und die Stärken und Präferenzen besser verstehen. Ein wichtiger Schritt ist z.B. den eigenen Lebenslauf mit einer geschulten Person durchzugehen, bzw. das letzte Berufsjahr Revue passieren zu lassen. Hier ist es wichtig nicht die Familie, den Partner oder den Bekanntenkreis zu nehmen, weil sonst die Gefahr besteht, dass nur alles runddiskutiert wird, bzw. Thematisch begleitet wird. Das Hinterfragen und das Selbst kennenlernen, fällt ggf. hinten runter. Auf diesem Schritt aufbauend, arbeiten Sie mit dem Coach am Selbst und an Ihrer Einschätzung. Das ist ein Weg und nicht nur einen Schalter umlegen. Aber den müssen Sie beschreiten.

Zudem können Unternehmen unterstützend wirken: In 3 Schritten den Gender-Gap im eigenen Unternehmen schließen – hier liegt der Vorteil für das Unternehmen darin, dass es sich selbst dabei unterstützet, abgesehen von Chancengleichheit und ethischen Betrachtungen, im „Struggle for Talent“ als Gewinner dazu stehen.

  • Kompetenzprofile durch Mitarbeiter und Vorgesetzte erstellen, bewerten und diskutieren.
  • Schulungen an Selbstwahrnehmung, Fremdwahrnehmung und tatsächlicher Kompetenz.
  • Nutzung von individuellen Schulungen und Unterstützungen von Frauen im Unternehmen

Ich wünsche uns Allen eine faire Bezahlung für die gleiche Tätigkeit, egal auf welcher Hierarchiestufe.

Herzlich aus dem Norden

JPF

Autor: Dr. Jan Peter Firnges, mehr auf https://firnges.org/jpfirnges-blog

Erstellt 09/2019